Freitag, 23. Oktober 2009
Heimweh
Meine Kollegen bei Crest fragen mich immer wieder, ob ich nicht Heimweh habe und meine Familie und Freunde vermisse. Für sie ist das ziemlich unvorstellbar, so lange so weit weg von zu Hause zu sein - freiwillig. Natürlich fehlen mir hier so einige und ich verpasse sicher auch vieles, z.B. die ersten sechs Monate meines jüngsten Neffen Tom. Zum Glück werde ich hin und wieder mit aktuellen Bildern versorgt. Was das Gesichtermachen angeht, kommt er übrigens 100%ig nach dem Papa, voilà:


(jeder denke sich seinen Teil, was in diesem kleinen Kopf gerade vor sich gehen mag...)


Und für Toms erstes Wort (es wird wohl "Besen" sein, oder vielleicht auch erst "Bi", wenn er es seinen großen Cousins nachmacht) bin ich ja dann wieder daheim.

Was verpasse ich sonst noch?

Jedenfalls sind meine Kollegen, was ganz typisch für Indien ist, alle richtige Familienmenschen und nur die wenigsten würden ihr zu Hause verlassen, wenn es denn nicht unbedingt sein müsste. Bedingt durch den Arbeitsmarkt arbeiten allerdings vor allem viele meiner älteren Kollegen hier in Pune, während ihre Familien in Delhi, Mumbai oder sonst wo in Indien leben. Einige kommen dann tatsächlich nur ein- bis zweimal im Jahr nach Haus, verbringen dort ihren wohl verdienten Urlaub, sind aber den Rest des Jahres allein, so z. B. Suresh (ganz links) und Anupam (in rot), deren Familien in Delhi leben, Munmun (vorn in scharz-weiß), die ursprünglich irgendwo aus dem Osten Indiens kommt und 27 Stunden - und somit entsprechend selten - mit dem Zug zu ihrer Familie fährt, oder Prashand (ganz rechts), der zwar hier mit seinen Eltern lebt, aber seinen kleinen Bruder vermisst, der beim Militär nahe Delhi dient und bis auf wenige Urlaubstage seit drei Jahren nicht zu Hause war.



Dazwischen die etwas Glücklicheren: Abhi (in grün), die gern zu Hause ist, weil sie dann nicht selbst kochen muss (muss man live erleben, unbeschreibliche Situationskomik), Joginder (winkend), der mit Frau und kleiner Tochter zufrieden in Pune wohnt sowie daneben Mr.-Vel-Sir, immer korrekt und höflich und absolut spaßbefreit, daher keine Angaben über eventuelles Privatleben vorhanden.
Und ich. Ich zähle mich hier in Indien auch zu den Glücklichen, wobei ich natürlich von Anfang an wusste, dass ich nur eine begrenzte Zeit hier verbringen würde. Davon ist nun schon fast die Hälfte rum und die verging verdammt schnell. Die Zeit bis Februar wird wahrscheinlich noch viel schneller vergehen, schließlich stehen noch zwei Wochen Urlaub vor der Tür (geplant sind Himalaya und der Südwesten), zwei Wochen Einsatz bei einem sozialen Hilfsprojekt, Weihnachten und Silvester in Indien (!!!) und wer weiß, was noch kommt ... wertvoll sind diese sechs Monate für mich auf jeden Fall in vielerlei Hinsicht. Heimweh kann also gar nicht aufkommen, dafür gibt es hier zu viel zu lernen, zu genießen und zu entdecken, und das alles in so kurzer Zeit ... aber ich will ja kein Fernweh bereiten. Und wertvoll ist es auch, sich wieder auf zu Hause freuen zu können. Aber die Zeit bis dahin muss noch genutzt werden, in diesem Sinne - enjoy!

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